Meine persönliche "Vita Vegan"

Britta Becker, Vegan Film

 

 

 

Als mir bewusst wurde,

dass ich Teil des Problems bin,

entschied ich mich,

Teil der Lösung zu werden.

Schlüsselerlebnisse auf meinem Weg

2013

„Du wirst niemanden vom Veganismus überzeugen können, indem Du Emails an Menschen verschickst mit aufklärenden Botschaften über die Folgen des Konsums von Tierprodukten oder mit Schockbildern aus der Tierindustrie. Um VeganerIn zu werden, braucht jeder sein eigenes Schlüsselerlebnis“.


Das sagte mir ein Freund, nachdem ich mich - durch ein Schlüsselerlebnis ausgelöst – für eine vegane Lebensweise entschieden hatte und ebenfalls möglichst viele Menschen „erleuchten“ wollte. Der Freund hatte Recht.

 

Es war wie eine Katharsis, eine innere Reinigung. Ich hatte das Licht gesehen, die simple und realisierbare Lösung für die Tiere, die Menschen und den Planeten Erde. Und gleichzeitig war ich eingetaucht in die Hölle auf Erden.

Vegetarierin

Als ich 1986 mein erstes Praktikum in einer Münchner Dokumentarfilmproduktion beginne, ist das erste Projekt, bei dem ich mitwirke, ein Dokumentarfilm über die damals einzige Fischermeisterin am Bodensee.
Die Fischermeisterin ist jung und sympathisch. Mehrfach fahren wir mit ihr zum Fischen raus auf den Bodensee.
Wenn sie die Netze ins Boot zieht, werden die Fische aus dem Netz gefummelt und aufgeschnitten, die Innereien entnommen und ins Wasser geworfen. Ein Fest für die Möwen. Es gibt vor dem Aufschneiden eines Fisches keinen Schlag auf den Kopf oder etwas in der Art, um den Fisch zu betäuben. Die Fischerin sagt mir damals, dass Fische keine Schmerzen empfinden. Ich sehe und spüre, dass es nicht sein kann, dass Fische bei vollem Bewusstsein vom Aufschneiden ihres Körpers nichts mitbekommen und angeblich gefühllos sind.

 

Es ist inzwischen vielfach wissenschaftlich nachgewiesen, dass Fische ein sehr komplexes Nervensystem

haben und genau wie andere Wirbeltiere Schmerzen, Angst, Stress, Panik usw. empfinden.

 

„Als ich vor vielen Jahren beim Angeln einen Fisch aus dem Wasser holte, wurde mir plötzlich klar, dass ich ihn
nur zu meinem Vergnügen tötete. Dann machte es plötzlich Klick. Als ich den Fisch nach Luft japsen sah,

begriff ich, dass sein Leben für ihn genauso viel Bedeutung hat wie meins für mich.“
Sir Paul McCartney

 

Die Fischerin hat neben ihrer Fischerei einen Nebenerwerb: Trichinenbeschau am Schlachthof.
Wir, das Filmteam, fahren mit ihr zu einem kleinen Landschlachthof am Bodensee, wo sie Trichinenproben von
Schlachttieren entnimmt und untersucht. Das wollen wir für die Doku drehen.
Draußen vor dem Schlachthof steht ein Hänger. Ich steige hinten auf, um durch die obere Öffnung hinein zu sehen.
Darin steht eine Kuh, schweißgebadet und zitternd am ganzen Körper. Ich frage im Schlachthof, ob die Kuh krank ist. Man sagt mir, "dass die Tiere schon mal Stress und Angst bekommen", weil sie riechen, was los ist. Ich bin verzweifelt, weil ich die Kuh retten möchte, aber das nicht möglich ist. Die Kuh wird in die Schlachthalle geführt.
Den Tötungsvorgang drehen wir nicht. Als die Kuh bereits an den Hinterbeinen aufgehängt ist, kommen wir – das
Filmteam - dazu, um das Entnehmen der Eingeweide zu filmen. Ich stehe damals mit dem Tonmischer und der Tonangel in der Halle und schaue geschockt auf das getötete Tier, dass ich kurz zuvor auf seinem letzten Weg voller Todesangst in die Halle gehen sah. Die Halle steht voll Dampf von der Feuchtigkeit des geöffneten Tierkörpers. Unendlich viel Blut ist aus dem aufgeschnittenen Körper geflossen. Die Dämpfe und der Geruch sind massiv. Ich kann nicht mehr weiterarbeiten und muss Mischer und Tonangel dem Regisseur übergeben. Ich will raus aus dem Schlachthof.
Nach dem Erlebnis kann ich viele Jahre keine Metzgerei mehr betreten, da der Geruch der gleiche ist wie in der
Schlachthalle. In der Schlachthalle ist er um ein vielfaches intensiver.

 

Durch meine Erfahrungen am Bodensee werde ich damals Vegetarierin.


Bis 2004 lebe ich zu 99% vegetarisch. Milchprodukte stehen weit oben auf meinem Speiseplan.

Über Gummibärchen (Gelatine), selten mal Weißwürste, Kosmetika, Lederklamotten, Daunenprodukte, Eierproduktion, Milchkühe und Kälber, Tierversuche usw. mache ich mir wenig Gedanken.
Dann kehre ich zurück zur Salami und zum Parmaschinken, gelegentlich mal Fleisch, alles natürlich nur von
„glücklichen“ Biotieren.

Einstieg

2011 kaufe ich mir das Buch „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer. Ich weiß, dass da nichts Erfreuliches drinsteht. Ich lese es zur Hälfte, bin von der Existenz des Buches begeistert und vom Inhalt geschockt. Dann lege ich es zur Seite. Ich weiß natürlich schon lange von dem ganzen Drama um die Massentierhaltung für unseren Fleisch-, Wurst, Milch- und Ei-Konsum, aber ich fliehe wieder in meine heile Welt, weil mich das alles zu sehr belastet. Ich kaufe ja schließlich alles in BIO Qualität und rede mir ein, dass die Tiere, die ich esse, ein gutes Leben hatten. Wird schon alles nicht so schlimm sein.


„Es gibt kein Fleisch von glücklichen Tieren – nur von toten“
Karen Duve, Bestsellerautorin

Tiere beim Film

Immer mal wieder habe ich bei Dreharbeiten mit Tieren zu tun gehabt. Da reisten dann Tiertrainer mit ihren Schimpansen, Pferden, Hunden, Schlangen, Reptilien, Katzen, Fischen usw. an. Oftmals war zu sehen, dass die Tiere sich nicht wohl fühlen im heißen Studiolicht und mit den Aufgaben, die sie vor der Kamera zu erledigen hatten. Vor allem Affen müssen sich in der Regel vor der Kamera „zum Affen machen“, damit der Mensch seinen Spaß hat.
Immer mal wieder habe ich erlebt, wie Tiere für Dreharbeiten sterben mussten. Krebse, Fische, Hummer, Mäuse, eine Ziege... immer habe ich gelitten. Als Trost habe ich mir eingeredet, dass die Tiere ja eh bald gestorben wären, weil irgendwer sie gegessen hätte.
In Äthiopien habe ich mich geweigert, die Tötung einer Ziege für ein Filmprojekt zu drehen. Der Ziege wurde die Kehle durchgeschnitten. Der Todeskampf dauerte einige Minuten. Es war noch ein weiterer Kameramann anwesend, der die Tötung gedreht hat. Meine Bitte an den Regisseur, auf die Einstellung zu verzichten, konnte ich nicht durchsetzen. Ansage der Redaktion: Die Einstellung brauchen wir unbedingt. Im Film war hinterher kaum was davon zu sehen, weil dem Fernsehzuschauer derartige Bilder nicht zugemutet werden. Man hätte also auch gut auf die Tötung verzichten und sie mit entsprechenden Einstellungen nur andeuten können, ohne das Tier zu verletzen
oder gar zu töten.

Aufwachen

Als ich mir im Sommer 2011 bei einem Unfall eine komplizierte Trümmerfraktur eines Unterschenkels zuziehe,
genieße ich die darauf folgende medizinische Versorgung und Rehazeit. Nach einem sehr stressigen Jahr zuvor finde ich wieder zu mir. Viele Wochen Zeit, nur für mich, um meinen Körper und meine Seele zu versorgen und wieder in Balance zu kommen. Ich bin unendlich dankbar dafür.


Irgendwann - zurück im Business - spüre ich immer stärker, dass ich zwar viel Heilung und Friedvolles erfahren
darf, aber irgendetwas tief in mir wird immer lauter und spürt, dass in meinem „Glückskonzept“ etwas fehlt. Ich genieße mein Landleben mit Partner und Hündin, kann wieder (körperlich noch eingeschränkt) arbeiten und fühle mich extrem privilegiert, was ich für ein schönes Leben führen darf. Irgendetwas passt trotzdem nicht zusammen. Ich frage mich immer öfter: Wie möchte ich wirklich leben? Was macht das Leben lebenswert auf diesem Planeten?


Ich bin Teil einer Gesellschaft, einer Spezies, deren Verhalten ich in Bezug auf Konsumwahn, Umweltzerstörung, Respektlosigkeit gegenüber Natur und anderen Lebewesen ablehne. Die Maßlosigkeit und Nach-mir-die-Sintflut-Mentalität geht mir schon lange auf die Nerven. Inwieweit trage ich selbst zu diesem zerstörerischen Verhalten bei? Inwieweit trage ich zu einem lebenswerten Leben für alle Erdbewohner bei? Mir wird mehr und mehr klar, dass ich nicht nur auf diesem Planeten gewesen sein möchte, um das Leben mit allen Höhen und Tiefen durchfreut und durchlitten und ansonsten meinen Müllberg hinterlassen zu haben. Der Gedanke lässt mich nicht mehr los.

Schlüsselerlebnis, Mai 2013

An einem Tag im Mai 2013 sehe ich einen Filmbeitrag zum „Internationalen Tag zur Abschaffung der Tierversuche“. Gezeigt werden (mit Vorwarnung) Undercover Aufnahmen des Tierrechtsaktivisten und Journalisten Friedrich Mülln (Soko Tierschutz) in einem der größten europäischen Tierversuchslabore in Münster: dem US-amerikanischen Forschungsinstitut Covance. Friedrich Mülln hat sich über viereinhalb Monate in dem Labor als Tierpfleger anstellen lassen, um (undercover) die alltäglichen brutalen Foltermethoden an Tieren im Labor zu dokumentieren.
Ich sehe schockierende Bilder und bekomme bedrückende Informationen. Unvorstellbare Tierquälereien an Affen, die gezüchtet, gequält, getötet und entsorgt werden. Folterkammern, wie man sie sich grausamer nicht ausdenken kann, alles legal in Deutschland, bewusst geheim gehalten vor der Öffentlichkeit. Ich beginne zu recherchieren, viel zum Thema zu lesen und mir Bildmaterial anzusehen. Die Infos und das Bildmaterial sind für mich nur „in kleinen Dosen“ zu verarbeiten. Und trotzdem weiß ich, WEGSCHAUEN geht nicht mehr.
Bei der Recherche über Tierversuche landet man unweigerlich beim Thema Tierausbeutung für Lebensmittel,
Kleidung, Möbel, Kosmetika, Arzneimittel etc. Mir wird bei meiner Recherche bewusst: den größten, intensivsten und brutalsten weltweiten Krieg, den die Menschen je geführt haben, ist der gegen die Tiere.

Selbst Denken

Harald Welzer`s Buch SELBST DENKEN und seine „Stiftung Zukunftsfähigkeit“ FUTURZWEI regt mich zu der spannenden Fragestellung an, die bereits seit langem in mir brodelt: Wer werde ich gewesen sein? Wozu werde ich
während meiner Anwesenheit auf dieser Erde beigetragen haben? Inwieweit werde ich aktive Mitgestalterin meines Lebensraums ERDE gewesen sein?
Raus aus der Lähmung vor den globalen Sorgen, raus aus dem Mitmotzer-Mitschwimmer-Modus, stattdessen selbst denken anstatt mich denken zu lassen. Widerstand leisten, wo ich nicht einverstanden bin. Je mehr ich meine Augen öffne, je mehr ich mich informiere, desto mehr bin ich NICHT einverstanden.
Die Lobby-Politik aller Parteien und Politiker lässt nicht auf eine gesunde und nachhaltige Zukunftsgestaltung unseres Planeten für die kommenden Generationen hoffen.
Mir wird bewusst, wie wenig ich von meinen Handlungsspielräumen in meinem Leben nutze. Aus Bequemlichkeit, aus Gewohnheit, aus blindem Vertrauen, aus Naivität.

Teil des Problems

Im Juni 2013 besuche ich die Veranstaltung „Veganmania“ am Münchner Marienplatz. Ich lerne dort den Mann kennen, der bei mir alles ins Rollen gebracht hat durch seine schockierenden Undercover-Aufnahmen bei Covance. Friedrich Mülln mit seinem Verein Soko Tierschutz.
Friedrich Mülln ist seit seinem dreizehnten Lebensjahr Tierrechtsaktivist und dokumentiert und veröffentlicht
seitdem zielstrebig und effektiv die Tierquälereien in der Massentierhaltung, in Schlachthöfen, Tierversuchslaboren, in der Pelzindustrie, der Stopfleberproduktion, den Lebendrupf von Gänsen für Daunenprodukte...
Friedrich lebt vegan.
Ich frage ihn, wie er es aushält, ständig den grausamen Tierquälereien ins Auge zu sehen.

„Damit hatte ich noch nie ein Problem, weil ich weiß, dass ich Teil der Lösung und nicht Teil des Problems bin.“

Ich bin sprachlos und begeistert, und mir wird in dem Moment bewusst, dass ich definitiv Teil des Problems bin.

 

Ich möchte auch TEIL DER LÖSUNG sein!


Ich entscheide mich, mich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, da ich auf diese Weise mehr erreichen kann als
alleine. Ich biete Ärzte gegen Tierversuche und Soko Tierschutz meine Mitarbeit an. Ich stelle fest, wie schnell und
wie viel ich bewirken kann, wenn ich meine Ideen und Wünsche für diese Welt durch Engagement umsetze.

Ich will nicht mehr wegsehen. Ich will meine Augen öffnen und Konsequenzen  für mein Leben daraus ziehen.

 

Mein Motto ist Beschluss: Selbst denken, selbst Verantwortung übernehmen, selbst handeln, selbst mitgestalten.


Es dauert keine Woche, und ich lebe vegan.

 

2014   entsteht bei mir die Idee, meinen Beruf mit dem Thema Veganismus zu verbinden.
2015  ist es soweit. Die Entwicklung und Umsetzung von VEGAN FILM wächst.
               Es entsteht ein wahres Herzensprojekt.

 


The only way to do great work is to love what you do. If you haven't found it yet, keep looking. Don't settle.
Der einzige Weg, großartige Arbeit zu machen, ist, dass man liebt, was man tut.

Wenn Ihr es noch nicht gefunden habt – sucht weiter. Gebt Euch nicht zufrieden.
Steve Jobs, amerikanischer Gründungsunternehmer, Apple (1955-2011), vor Absolventen der Stanford University am 12. Juni 2005

Mein Fazit

 VEGAN zu leben ist die wertvollste Entscheidung, die ich in meinem Leben getroffen habe. Eine ausgewogene pflanzlich basierte Ernährung hat ausnahmslos Vorteile:

  • für die eigene Gesundheit und körperliches Wohlbefinden
  • für das Wohl der Tiere
  • für einen deutlich effektiveren Einsatz pflanzlicher Ressourcen
  • für die Schonung von Natur und Umwelt
  • für unser Klima

Seit 2013 lebe ich dankbar und genussvoll vegan.